Frank Otto

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Höhe 4,90 m, Sohlenlänge 2,20 m, Absatzhöhe 0,42 m, Gewicht 439 kg, Schuhgröße 330, 10 Rindshäute

Die Stiefelgeschichte

Fast bekannter als die tausendjährige Burg Mildenstein ist der Stiefel, den sie beherbergt. Was ist das für ein Stiefel? Wie kam der Riesenstiefel auf Burg Mildenstein und was hat es mit dem Stiefelkrieg für eine Bewandtnis?

Die Döbelner Schuhmachermeister beschlossen 1925 anlässlich ihres 600. Zunftjubiläums ein unübersehbares Zeichen zu setzen, um an die schon fast vergessene Kunstfertigkeit ihres Handwerks zu erinnern.

Ein Stiefel sollte es sein, der größte seiner Art.

Sechs Innungsmeister haben 750 Stunden an dem Riesenstiefel gewerkelt, der eine Sohlenlänge von 1,90 m und eine Schafthöhe von 5 m besitzt. 10 Rinder mussten ihre Haut lassen.

Vom 1. bis 3. August 1925 wurde das Denkmal aller Handwerker auf dem Wettinplatz in Döbeln ausgestellt. Nach dem Fest kam der Döbelner Riesenstiefel - wo denn anders wäre ein würdigerer Platz gewesen - ins Rathaus und - ward vergessen. Später landete er gar auf dem Bauhof. Um sein Überleben zu sichern, kam er 1957 in das Kreismuseum auf Burg Mildenstein im benachbarten Leisnig. Vom Schuhmachermeister Berthold von Grund auf renoviert, steht der größte Lederstiefel der Welt in einer rekonstruierten alten Schusterstube mit Schemel, Schusterkugel, Aale und Faden und erinnert an ein traditionsreiches altes Handwerk.

Nach der Wende fiel den Döbelnern ein, dass dieser Stiefel ja eigentlich in ihre Stadt gehöre. Die Leisniger waren empört, hatten sie doch nicht nur den maroden Stiefel wiederhergestellt, sondern auch über 40 Jahre gepflegt. Briefe wurden gewechselt, Presseerklärungen abgegeben, Rechtsanwälte bemüht - kurzum: in den 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts brach er aus, der Stiefelkrieg zwischen der Stadt Döbeln auf der einen und Burg und Stadt Leisnig auf der anderen Seite.

Den Leisnigern sagt man nach, sie seien ein ganz besonderes Völkchen, stur und listig. Während die "Schlacht" um den Stiefel in den Zeitungen tobte, gingen 1995 in aller Verschwiegenheit zwei Leisniger Handwerker, die Schuhmachermeister Gerhard Berthold und Rolf Neidhardt daran, einen neuen, "ihren" Riesenstiefel zu bauen, um sozusagen "störfrei" zu werden und den Ruf Leisnigs als Stiefelstadt zu erhalten. Und um es den Döbelnern zu zeigen: Der neue echt Leisniger Riesenstiefel sollte ins Guiness Buch der Rekorde eingehen. Mit einer Schaftlänge von 5,50 m war es geschafft..

Und einen ähnlich feierlichen Anlaß wie weiland 1925 in Döbeln gab es auch: 1996 feierten Burg und Stadt Leisnig ihr 950jähriges Bestehen. Pünktlich zur großen Jubiläumsfeier konnte er auf dem Marktplatz der staunenden Öffentlichkeit präsentiert werden. Der Stiefel, ein getreues Abbild des Originals, war nicht nur größer, er war auch in kürzerer Zeit gefertigt worden als das ältere Vorbild. Nicht ganz ein Jahr haben die wackeren Männer in aller Stille an "ihrem" Stiefel gearbeitet.

Allerdings, ins Leisniger Rathaus passte der noch größere Stulpenstiefel ebenso wenig wie in die Räume der Burg Mildenstein. Deshalb fand der Riesenstiefel Nummero 2 seinen Platz erst einmal in einer Schule.

So sind Burg Mildenstein zu Riesenstiefel Nr. 1und die Leisniger zu einem noch größeren Riesenstiefel Nr. 2 gekommen.